Im vergangenen Jahr erreichte der Fachkräftemangel in IT-Berufen in Deutschland ein neues Rekordniveau. Insgesamt gab es im Jahr 2022 bundesweit durchschnittlich 67.924 offene Stellen im Bereich der Informationstechnik – so viele wie noch nie seit Beginn der Beobachtungsperiode im Jahr 2010, wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) am Donnerstag berichtete. Gleichzeitig gab es nur 27.136 arbeitslose Personen mit einer IT-Qualifikation.
Die Kofa-Experten berichteten, dass der Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Branche aufgrund des zunehmenden Ausbaus der digitalen Infrastruktur in allen Wirtschaftsbereichen steigt. Bereits seit 2015 konnten nicht mehr alle Stellen in IT-Berufen mit qualifizierten arbeitslosen Personen besetzt werden. Während der Corona-Pandemie kam es zwar vorübergehend zu einem Rückgang der Zahl der offenen Stellen. Doch seit 2021 ist die Zahl wieder deutlich gestiegen.
Insbesondere Fachkräfte mit Hochschulabschluss gesucht
Zehntausende Fachkräfte fehlen Laut der Studie besteht insbesondere ein großer Mangel an Expertinnen und Experten mit einem Hochschulabschluss. Im vergangenen Jahr fehlten allein fast 34.000 Fachkräfte in diesem Bereich. Für acht von zehn offenen Stellen auf diesem Qualifikationsniveau gab es laut Kofa keine qualifizierten arbeitslosen Personen. Die Kofa-Experten betonten, dass sich diese Lücke kurz- bis mittelfristig auch nicht durch Absolventinnen und Absolventen von Studiengängen schließen lässt. Da die Zahl der Studierenden in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik in den ersten Hochschulsemestern in den vergangenen Jahren abgenommen hat, ist sogar mit einem weiteren Rückgang der Absolventenzahlen zu rechnen.
Eine Möglichkeit für Unternehmen im Kampf gegen den Fachkräftemangel in der IT-Branche besteht in der Rekrutierung von IT-Fachkräften aus dem Ausland. Eine vielversprechende Strategie ist jedoch auch, Quereinsteigern aus anderen Berufsgruppen und Aufsteigern von niedrigeren Qualifikationsniveaus eine Chance zu geben.
Tolle Chancen für Quereinsteiger
Der hohe Anteil an Quereinstiegen zeigt, dass Unternehmen, die IT-Experten suchen, auf den Fachkräftemangel reagieren und überdurchschnittlich viele Quereinsteiger und berufliche Aufsteiger einstellen. Dies ist zum einen durch den enormen Druck aufgrund des Fachkräftemangels bedingt, wird aber auch dadurch begünstigt, dass der Einstieg für Quereinsteiger in IT-Berufen vergleichsweise leichter ist als in anderen Berufsfeldern. In IT-Akademikerberufen scheinen Berufserfahrung sowie non-formale und informelle Bildung eine größere Bedeutung zu haben als in anderen Berufen. Solche Qualifikationen lassen sich mitunter bereits mit Maßnahmen erwerben, die durch einen Bildungsgutschein finanzierbar sind.
Die kontinuierliche Weiterbildung ist in IT-Berufen seit Langem fest etabliert, wodurch Beschäftigte die Möglichkeit haben, sich neben dem Beruf weiterzubilden, beispielsweise im Rahmen arbeitsprozessorientierter Weiterbildungsprogramme. Gerade für Quereinsteiger kann das Lernen in der Arbeitsumgebung den Einstieg erleichtern.
Die Bedeutung von außerhalb der formalen Erstausbildung erworbenen IT-Kompetenzen spiegelt sich auch im Fachkräfteeinwanderungsgesetz wider, das für IT-Berufe eine Ausnahmeregelung vorsieht. Bei internationalen IT-Fachkräften hängen die Einwanderungsmöglichkeiten weniger stark von formalen Bildungsabschlüssen ab, sondern berufspraktische Kenntnisse spielen eine zentrale Rolle.