Vermittlung durch Globalisierungsfonds bei Karmann erfolgreich?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat das Förderprojekt zugunsten ehemaliger Beschäftigter des insolventen Autozulieferers Karmann nach eigenen Angaben erfolgreich abgeschlossen. „Die Investition von 6,2 Millionen Euro aus Brüssel und zusätzlichen Bundesmitteln hat sich gelohnt“, sagte der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gerd Hoofe:

„Ich freue mich sehr, dass rund 640 ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Karmann mit Unterstützung des Europäischen Globalisierungsfonds erfolgreich in neue Jobs vermittelt werden konnten. Das zeigt: Gute Fachkräfte haben auch in wirtschaftlich schwieriger Zeit gute Chancen. Wir erwarten, dass die Vermittlungsquote in den kommenden drei Monaten noch deutlich steigt. Die Unterstützung aus Brüssel hat den Standort Osnabrück gestärkt. Das Ergebnis zeigt aber auch, dass eine enge Vernetzung der Akteure in Qualifizierung, Vermittlung und Beratung ein Garant für eine nachhaltige Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ist.“

Mitte August 2009 hatte die Bundesregierung für rund 1.800 ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Karmann bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Unterstützung aus dem Europäischen Globalisierungsfonds (EGF) gestellt. Der traditionsreiche Automobilzulieferer hatte im April des gleichen Jahres Insolvenz anmelden müssen, was zu einem großen Medienecho geführt hatte.

Die Mittel aus dem EGF, die die EU-Kommission bewilligt hatte, wurden durch zusätzliche Bundesmittel auf 9,5 Millionen Euro aufgestockt. Damit konnte die Qualifizierung und Betreuung der entlassenen Mitarbeiter deutlich vertieft und um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2010 ausgeweitet werden. Zwischen Dezember 2008 und Juli 2009 hatte das Unternehmen Karmann rund 2.500 Beschäftigte an den Standorten Osnabrück und Rheine entlassen. Knapp 1800 waren daraufhin in eine Transfergesellschaft gewechselt.

Den Betroffenen konnten Qualifizierungen und Umschulungen angeboten werden. Neben klassischen Weiterbildungen wie zum Beispiel zum Finanz- und Lohnbuchhalter, Fernfahrer, Schweißer, Dreher oder Fräser wurden auch Energietechniker und -manager ausgebildet. Einigen konnte der Aufstieg zum Techniker oder zur Meisterschule eröffnet werden. Die in Osnabrück und Rheine durchgeführten EGF-Maßnahmen konzentrierten sich auf die Beschäftigten ohne Berufsabschluss. Bis jetzt haben über ein Drittel (38 Prozent) der Arbeitsuchenden direkt aus der Transfergesellschaft den Wiedereinstieg in Arbeit geschafft.

Sicherlich ist der Vermittlungserfolg zu begrüßen. Vergleichen mit den Finanzmitteln, die für Vermittlungsgutscheine eingesetzt werden, waren die Kosten jedoch um ein Vielfaches höher. Teilt man die 9,5 Millionen Euro, die für das Projekt eingesetzt wurden, durch die Zahl der vermittelten Arbeitnehmer, so ergeben sich Kosten von knapp 15.000 Euro pro Vermittlung. Und hierbei ist noch nicht gesichert, dass der Vermittlungserfolg auch nachhaltig ist – beim Vermittlungsgutschein wird dies durch die 6-Monats-Regelung zumindest ansatzweise erreicht.

Auch bei einer etwas weniger strengen Umrechnung der Kosten auf alle betreuten und qualifizierten Arbeitssuchenden kommt man noch auf Kosten von 5.200 Euro pro Betreuung. Aus den Informationen des BMAS lässt sich zugegebenermaßen jedoch nicht entnehmen, wie hoch der eigentliche „Vermittlungsanteil“ der eingesetzten Gelder war und in welcher Höhe die Fortbildungskosten ausfielen. Es scheint jedoch so, dass hier aus einer bestimmten politischen Motivation heraus (NRW-Wahl ?) für einige wenige Arbeitssuchende eine besonders teure Vermittlung finanziert wurde – was nicht zwangsläufig bedeutet, dass diese auch qualitativ höherwertiger als andere Angebote ausgefallen ist.

3 Gedanken zu „Vermittlung durch Globalisierungsfonds bei Karmann erfolgreich?“

  1. Kennen Sie sich mit dem Thema aus?

    Vermittlungsgutscheine können nur Personen erhalten die eine gewisse Zeit arbeitslos sind. Dieses Kriterium erfüllen Teilnehmer einer Transfergesellschaft nicht, diese beziehen nämlich kein Arbeislosengeld.
    Insofern ist Ihre Aussage, dass diese Mittel besser in Vermittlungsgutscheine investriert gewesen wäre absoluter quatsch weil gar nicht möglich.

    Das Thema der Nachhaltigkeit schränken Sie ja sebler ein, insofern ist das hier aus meiner Sicht überflüssig.

    Sie üersehen im übrigen bei Ihrer Ermittlung der 15.000 Euro, dass hierin auch Lohnersatzleistungen zumindest anteilig berücksichtigt werden, in Form des sog. Transferkurzarbeitergeldes.
    Wenn Sie dies mit den Kosten für den Vermittlungsgutschein vergleichen wollen, müßten Sie also auch die Kosten für Alg I-Bezug einrechnen.
    Was Sie ebenfalls nicht berücksichtigen buw. nur oberflächlich herausstellen ist, ass in den Geldern Qualifizierungsmittel enthalten sind. Diese trägt in Ihrem Vermittlungsguscheinmodell die Agentur für Arbet, sind folglich aber ebenfalls bei der Kostenbetrachtung zu berücksichtigen. chaut man sich z.B. mal eine Qualifizierung zum Schweißer für 4.000 Euro an und rechnet die Kosten für den Bildungsgutschein hinzu können wir festhalten, dass der Einsatz des Vermittlungsgutscheins nicht wirklich monetär günstiger ist.

    Wie Sie selber schreiben, wissen Sie nicht wie hoch der Anteil an Qualifizierungsgeldern im besagten Fall ist. Wie kommen Sie dann bitte zu so einer Aussage, dass Vermittlungsgutscheine die sinnvollere Alternative gewesen wären?

    Nachhaltigkeit: Wieviele werden den tatsächlich nach 6-Monaten eingelöst? Haben Sie da eine Statistik hinsichtlich Ausgabe der 1. Tranche und der 2. Tranche?
    Ich finde bisher leider nur Summe die ausgegeben wurden, aber leider nichts über die wirkliche Nachhaltigkeit.
    Setzen wir mal die 49 Mio aus dem Finanzbericht 2009 an und divideren das durch 2.000 als Durchschnittswert für den Vermittlungsgutschein, wären 24.500 Menschen bundesweit in aus Ihrer Sicht nachhaltige Arbeit vermittelt worden. Was aber, wenn es tatsächlich 49.000 Menschen mit einer Beschäftigungsdauer unter 6 MOnaten waren? Der finanzielle Aufwand ist der Gleiche, aber was ist mit Ihrer viel gepriesenen Nachhaltigkeit?

    Politische Motivation? Das Gros der Betroffenen betraf das Karmann-Werk in Osnabrück. Das liegt in Niedersachsen!

    Bitte beschäftigen Sie sich doch mal mit dem Einsatzzweck des Europäischen Globalisierungsfonds und seinen Finanzquellen sowie Zuwendungsempfänger bevor Sie ein Instrument hier pauschal in Frage stellen.

    Faktisch sind beides arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien, die aber durchaus unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

  2. Hallo Herr Gerwert, vielen dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Kritik ist hier immer willkommen! In der Tat müsste man den Fall etwas genauer analysieren, um hier einen Vergleich zum Vermittlungsgutschein ziehen zu können. Das habe ich im Beitrag nicht gemacht, darauf aber auch hingewiesen. Ich finde nur, dass das Mittel Vermittlungsgutschein etwas mehr Unterstützung seitens der Politik verdient hätte, da es gerade denjenigen Arbeitnehmern bzw. Arbeitsuchenden zu Gute kommt, die eben nicht das „Glück“ haben, bei einem insolventen Großunternehmen beschäftigt gewesen zu sein.
    Übrigens: Osnabrück ist direkt an der Landesgrenze zu NRW, und das bald geschlossene Werk Rheine (mit ehemals 1000 Beschäftigten) befindet sich zweifelsfrei auf NRW-Territorium. Ich sehe da sowohl zeitlich, als auch räumlich eine mögliche Beeinflussung durch die NRW-Wahlen.
    Und bzgl. Statistik 1. und 2. Tranche – da werden wir mal was zu ausarbeiten. Gute Idee.

  3. Hallo admin,

    vielen Dank! Das Werk in Rheine ist seit 1 Jahr bereits geschlossen 😉
    Eher entscheidend dürfte aber die Bundestagswahl in 2009 gewesen sein. Antragsteller beim EGF ist die Bundesrepublik Deutschland.
    Das mit der Statistik finde ich ne Gute Idee. Bin gespannt auf Ihre Ergebnisse.

    Das Instrument des Vermittlungsgutscheins ist einfach zu bürokratisch und daher aus meiner Sicht nicht wirklich ein besonders originelles Instrument. Aber alles was Leute in Arbeit bringt, ist eine gute Sache, insofern, schadest es ja auch nicht.

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